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09.06.2025 – Technik
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Redispatch verstehen: So funktioniert Netzstabilität

Die steigende Einspeisung erneuerbarer Energien bringt neue Herausforderungen für das Stromnetz mit sich. Regionale Unterschiede zwischen Stromerzeugung und -verbrauch führen zunehmend zu Netzengpässen. Genau hier kommt das Verfahren redispatch ins Spiel – ein zentraler Baustein zur Sicherstellung der Netzstabilität. Auch die eww Gruppe ist als regionaler Energieversorger in Oberösterreich an Lösungen zur Stabilisierung des Netzes beteiligt.

Stromnetz Netzstabilität

 

Redispatch: Netzstabilität im Zeichen der Energiewende

Im Zusammenhang mit der Energiewende taucht dieser Begriff häufig auf und entsprechende Netzstabilisierungsmaßnahmen werden auch an über 200 Tagen im Jahr ergriffen. 

1. Was ist Redispatch?

Redispatch ist ein Instrument zur kurzfristigen Steuerung von Kraftwerken, um Engpässe im Stromnetz zu vermeiden. Netzbetreiber veranlassen dabei, dass einzelne Kraftwerke ihre Einspeisung reduzieren (Abregelung), während andere ihre Einspeisung erhöhen (Aufregelung). Oft werden dazu Gaskraftwerke hochgefahren, was auch eine Ursache für die hohen Kosten dieser Maßnahme sind. Abregelung und Aufregelung erfolgen unabhängig vom Marktgeschehen und dienen ausschließlich der Lastflusssteuerung.
 

2. Wie funktioniert Redispatch?

Der Redispatch Prozess umfasst mehrere Schritte:

  • Prognose und Analyse: Netzbetreiber erkennen auf Basis von Wetter- und Lastdaten potenzielle Netzüberlastungen.
  • Maßnahmenplanung: Geeignete Kraftwerke werden ausgewählt, um den Engpass technisch zu beheben.
  • Durchführung: Kraftwerke setzen die Maßnahmen in Echtzeit um.
  • Abrechnung: Betreiber werden für Abweichungen vom Fahrplan vergütet.


Beteiligt sind sowohl Übertragungsnetzbetreiber als auch Verteilnetzbetreiber – jeweils zuständig für unterschiedliche Spannungsebenen.

Was verändert sich mit Redispatch 2.0?

Mit der Einführung von redispatch 2.0 im Oktober 2021 wurden die Vorgaben deutlich erweitert. Neben Großkraftwerken sind nun auch dezentrale Anlagen wie Photovoltaik, Windkraft oder KWK-Anlagen ab 100 kW verpflichtet, an Redispatch-Maßnahmen teilzunehmen. Dadurch sollen die Potenziale erneuerbarer Energien effizienter genutzt und Netzengpässe besser ausgeglichen werden.

In Österreich erfolgt die Koordinierung primär durch die Austrian Power Grid AG (APG). Regionale Verteilnetzbetreiber übernehmen Aufgaben auf unterer Netzebene. Grundlage ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das seit 2021 den Einbezug dezentraler Energiequellen rechtlich regelt. Technische Voraussetzung für eine Teilnahme ist die Fernsteuerbarkeit der Anlage sowie die Übermittlung relevanter Betriebsdaten.
 

Redispatch in Oberösterreich – Aufgabe für alle (Netz)ebenen

Oberösterreich spielt in der Energiewende eine wichtige Rolle – mit wachsender Einspeisung aus Wasserkraft, Biomasse und Photovoltaik. Diese dezentrale Erzeugung erfordert regionale Lösungen zur Netzstabilität. Die eww Gruppe unterstützt dabei gezielt Projekte, die Redispatch-kompatible Strukturen schaffen – etwa durch intelligente Steuerung lokaler Energiequellen oder durch Kooperation mit Industriepartnern, die flexible Lasten bereitstellen.

Warum ist Redispatch überhaupt notwendig?

Die Standardfrequenz des Stromnetzes, des Übertragungs- und des Verteilnetzes, liegt bei 50Hz, wird dieser Wert unter- oder überschritten, droht die Gefahr eines Netzzusammenbruchs. Schon Schwankungen im Bereich von 0,1 Hz sind sicherheitsrelevant. 

Redispatch ist unverzichtbar, wenn sich Stromproduktion und -verbrauch regional nicht decken. Typische Auslöser sind:

  • Starke Wind- oder PV-Erzeugung in einem Netzabschnitt
  • Verzögerte Netzausbauprojekte
  • Technische Ausfälle (z. B. Nichterfüllung der redundanten Versorgung über z.B. Ringleitungen)


Durch den grenzüberschreitenden Netzausbau – z. B. mit Deutschland, Tschechien und Slowenien – verbessert sich die Versorgungssicherheit. Diese Leitungen erhöhen die Flexibilität im Gesamtsystem und reduzieren den Redispatch-Bedarf langfristig. Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus zeigt: In Deutschland ist der Redispatch durch das NABEG 2.0 und das EnWG detailliert geregelt und wird durch die Bundesnetzagentur überwacht.

In der Schweiz verfolgt Swissgrid einen stark marktgestützten Ansatz, während in Skandinavien durch große Wasserkraftwerke mehr natürliche Flexibilität im Netz vorhanden ist. Die unterschiedlichen Ansätze verdeutlichen, dass Redispatch international stark von der jeweiligen Netzstruktur und Marktorganisation der einzelnen Teilnehmer am Stromverbund in Europa abhängt.

Die Redispatch Kosten werden über die Netzentgelte finanziert. In Österreich waren ab dem Jahr 2020 an 261 Tagen Eingriffe ins Stromnetz notwendig, was zu Kosten in Höhe von 134,6 Mio. Euro führte. Zwar weist die Redispatch Kosten Entwicklung in eine bessere Richtung und die Zahlen sind mittlerweile gesunken, aber dennoch fanden im Jahr 2024 immer noch an 203 Tagen Eingriffe – mit Gesamtkosten von rund 86,5 Mio. Euro – statt. Die Zahlen zeigen: Der Eingriffsbedarf bleibt hoch, auch wenn sich durch Netzverstärkungen ein Rückgang abzeichnet.

Eines ist gewiss: Redispatch ist kein Randthema, sondern wird noch lange ein zentrales Element moderner Energiepolitik sein. Es sichert die Systemstabilität, ermöglicht die Integration erneuerbarer Energien und schützt Verbraucher vor Versorgungsausfällen. Die eww Gruppe leistet dazu durch regionale Netzprojekte und intelligente Infrastrukturlösungen einen wichtigen Beitrag.

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